Wir stellen bei JURE Rechtsanwälte fest, dass bei vielen Mandantinnen und Mandanten in den letzten Tagen und Woche eine große Verunsicherung besteht. Der Gesetzgeber wird zum 1.1.2023 voraussichtlich die Vorschriften zur Bewertung von Immobilien bei Erbschaften und Schenkungen ändern. Die Änderungen im Bewertungsgesetz führen nach ersten Einschätzungen zu höheren Immobilienwerten. Sie sollten jedoch Sorgfalt vor Eile walten lassen und sich nicht von Schlagzeilen in Boulevardblättern zu überflüssigen und möglicherweise nicht bis zum Ende gedachten Übersprungshandlungen noch vor Jahresende leiten lassen. Unsere Beratungen mit Mandantinnen und Mandanten in den letzten Wochen haben gezeigt, dass in den meisten Übertragungsfällen die bisweilen festzustellende Torschlusspanik fehl am Platz ist.
Was ändert sich bei Schenkungen und Erbschaften ab dem 01.01.2023?
Bei jeder Schenkung und Erbschaft bewertet das Finanzamt die übertragene bzw. geerbte Immobilie. Bei den dabei anzuwendenden Bewertungsverfahren werden ab dem 1.1.2023 einige Stellschrauben angepasst, so z.B. der sog. Sachwertfaktor, der sog. Liegenschaftszins und die Nutzungsdauer von Immobilien, was wohl bei der Bewertung zu höheren Immobilienwerten führen wird. Außerdem wird ein Regionalfaktor neu eingeführt. Dieser soll die Unterschiede im Baukostenniveau bei regionalen Differenzen zum bundesdurchschnittlichen Stand abbilden.
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Wird erben und schenken teurer?
Das kann derzeit nicht für alle Fälle mit letzter Gewissheit gesagt werden, da der neu eingeführte Regionalfaktor bei vergleichbaren Immobilien, die an unterschiedlichen Regionen stehen zu unterschiedlichen Werten kommen. Anders gesprochen, das Gebäude und Grundstück am Starnberger See wird sicherlich zukünftig teurer bewertet als ein von Größe und Baujahr vergleichbares Objekt, das in Saarbrücken steht. Allerdings hängt die Frage, ob die erhebende Schenkungssteuer ab dem 1.1.2023 höher sein wird als bisher, entscheidend vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenker und Beschenktem ab. Erbt ein Kind z.B. die bislang vom Erblasser selbst bewohnte Immobilie (sog. Familienheim) und bewohnt das Kind das Haus in der Folge selbst, bleibt die Erbschaft des Familienheims – unabhängig vom Wert – wie bisher komplett steuerfrei.
Kein Handlungsbedarf, wenn die Freibeträge ausreichen
Bei allen anderen Schenkungen oder Erbschaften von Immobilien stehen jedoch relativ großzügige Freibeträge zur Verfügung. Der Ehegatte kann grundsätzlich 500.000 steuerfrei erhalten, jedes Kind von jedem Elternteil 400.000 €. Dies bedeutet, dass ein Anwesen, dass im hälftigen Eigentum von Ehegatten steht und nicht mehr als 800.000 € wert ist, komplett steuerfrei auf ein Kind übertragen beziehungsweise vererbt werden kann. Sogar Enkelkinder haben aus Sicht der Großeltern noch einen Freibetrag von 200.000 € bei Erbschaft oder Schenkung.
Nießbrauch als Wertminderung
Bei lebzeitigen Übertragungen wird zudem in der Regel entweder ein Wohnrecht für die Eltern oder ein Nießbrauch vorbehalten. Der Nießbrauch ist eine Wertminderung, die den Wert der Schenkung noch einmal minimiert.
Hoffnung auf höhere Freibeträge
Der Gesetzgeber hat die Verschlechterungen bei Erbschaften und Schenkungen so kurzfristig eingeführt, dass kaum noch vor Jahresende rechtssicher gehandelt werden konnte, was in der Breite der Gesellschaft zu großem Verdruss geführt hat. Der Gesetzgeber hat dies offenbar erkannt und angekündigt, die vorgenannten Freibeträge, die seit 2009 nicht mehr angepasst worden waren, im neuen Jahr noch einmal zu erhöhen.
Fazit
Sie sehen also: überträgt man zu Lebzeiten von beiden Eltern auf ein Kind, behält sich den Nießbrauch vor, so ist unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Freibeträge nahezu immer eine Gestaltung möglich, die nicht zur Schenkungssteuer führt. Lassen Sie sich gerne von unsere Erb- und Steuerexperten in aller Ruhe beraten und gemeinsam eine rechtssichere und ausgewogene Gestaltung im neuen Jahr finden.