Die aktuelle Krise gibt Anlass, sich mit dem Thema Patientenverfügung intensiv zu beschäftigen. Durch vermehrte Anfrage stelle ich fest, dass bei den Mandanten aktuell erhebliche Unsicherheiten bestehen. Konkret geht es um den Ausschluss künstlicher Beatmung in Patientenverfügungen, was in Zeiten einer Erkrankung aufgrund des Corona-Virus besondere Bedeutung erlangt. Gerade in diesem Punkt zeigt sich, wie wichtig es ist, dass man im Rahmen der Erstellung einer Patientenverfügung sich beraten lässt, um den Sinn und Zweck einer Patientenverfügung überhaupt verstehen zu können.
Was ist in der Patientenverfügung zu regeln?
Eine Patientenverfügung regelt Maßnahmen, die der Arzt oder das ärztliche Personal zu befolgen hat, wenn sich ein Patient nicht mehr selbst äußern kann. Geregelt ist dort z.B. das Thema, ob der Arzt
- Medikamente geben kann, um beispielsweise Schmerzen, Atemnot Übelkeit, Depressionen und ähnliches zu behandeln, auch wenn gleichzeitig die verbleibende Lebensspanne durch die Gabe der Medikamente verkürzt wird,
- Wiederbelebungsversuche noch vornehmen soll oder zu unterlassen hat,
- ob der Patient künstlich ernährt werden will.
Letztlich wird in Patientenverfügungen häufig auf die Frage eingegangen, ob der Patient künstlich beatmet werden will.
Wann ist die Patientenverfügung anzuwenden?
Eine Patientenverfügung setzt voraus, dass exakt definiert wird, in welchen Fällen für den Ersteller der Patientenverfügung sein Leben nicht mehr lebenswert ist. Wenn in einer akuten Erkrankungssituation ohne lebensbedrohliche Vorerkrankungen des Patienten medizinische Maßnahmen eingeleitet werden, bei denen Aussicht auf Heilung der akuten Erkrankung besteht, handelt es sich nicht um einen Anwendungsfall einer Patientenverfügung. Damit kommt es auf eine Regelung, ob man künstlich beatmet werden will oder nicht, bereits nicht an. Die Patientenverfügung ist für diesen Fall nicht anwendbar.
Künstliche Beatmung bei COVID-Erkrankung
Auch wenn man diese Frage nicht pauschal beantworten kann, so ist in der Mehrheit der Fälle davon auszugehen, dass die künstliche Beatmung eines an COVID erkrankten Patienten ohne lebensbedrohliche andere Vorerkrankungen mit der Absicht der Heilung der COVID-Erkrankung erfolgt. Vor der Einleitung der künstlichen Beatmung war der Patient „nur“ an Corona erkrankt und befand sich nicht bereits im Endstadium einer unheilbar tödlich verlaufenden Krankheit oder im Sterbeprozess bzw. in einem wachkomaähnlichen Zustand, der voraussichtlich dauerhaft sein wird. Dies sind in der Regel die Anwendungsfälle einer Patientenverfügung.
Patientenverfügung nur nach vorheriger Beratung!
Unabhängig davon, sollte man sich in der aktuellen Situation noch einmal mit seiner eigenen Patientenverfügung auseinandersetzen. Ist sie noch auf dem Stand der Zeit?
Dazu muss man folgendes wissen:
Eine Patientenverfügung, die durch Ankreuzen formularmäßig erstellt wird, ohne dass in diesem Zusammenhang eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Mediziner erfolgt, ist grundsätzlich problematisch. Durch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es fast unmöglich, eine rechtssichere Patientenverfügung auf einem Formular zu erstellen, bei dem der Patient lediglich verschiedene Maßnahmen durch Ankreuzen von „Ja“ und „Nein“-Feldern beantwortet. Es ist damit keine Gewähr dafür gegeben, dass der Ersteller der Patientenverfügung die Kreuzchen selbst gemacht hat und dass sich der Ersteller mit konkreten Behandlungssituationen individuell auseinandergesetzt hat. Gerade dies setzt jedoch der Bundesgerichtshof für eine wirksame Patientenverfügung voraus.
Ich rate daher dringend dazu, Patientenverfügungen nur im Zusammenhang mit einer parallelen oder vorherigen Beratung zu erstellen.
Sie haben Fragen im Zusammenhang mit einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht?
Unsere Erbrechts-Anwälte können Ihnen weiterhelfen!