Das deutsche Erbrecht unterscheidet zwischen Vererben und Vermachen. Diese Begriffe werden oft verwechselt, haben aber völlig unterschiedliche Konsequenzen. Während ein Erbe die vollständige Rechtsnachfolge des Verstorbenen antritt und für den gesamten Nachlass inklusive möglicher Schulden verantwortlich ist, erhält ein Vermächtnisnehmer lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf bestimmte Nachlassgegenstände oder Geldbeträge.

In diesem umfassenden Leitfaden erfahren Sie:

Wie sich Vererben und Vermachen unterscheiden

Welche Rechte und Pflichten Erben und Vermächtnisnehmer haben

Welche Vermächtnisarten es gibt und wie man sie richtig formuliert

Welche steuerlichen Auswirkungen ein Vermächtnis haben kann

Wie man ein Vermächtnis rechtssicher in ein Testament integriert

Was ist der Unterschied zwischen Vererben und Vermachen?

Definition und Unterschiede

Vererben bedeutet, dass eine Person als Erbe den gesamten Nachlass des Erblassers übernimmt. Dies geschieht entweder auf Grundlage eines Testaments oder durch die gesetzliche Erbfolge, wenn kein Testament vorliegt.

Vermachen hingegen bezeichnet die Zuwendung einzelner Nachlassgegenstände oder Geldbeträge an eine bestimmte Person oder eine gemeinnützige Organisation. Ein Vermächtnisnehmer wird nicht Erbe, sondern hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben.

Beispiel für Vererben und Vermachen

  • Vererben: „Ich setze meine Tochter als Alleinerbin ein.“ → Die Tochter erhält den gesamten Nachlass.
  • Vermachen: „Ich vermache meinem Sohn meine Immobilie und meinem Enkel 50.000 Euro.“ → Der Sohn und der Enkel haben einen Anspruch auf die jeweiligen Vermächtnisse, sind aber keine Erben.

Vererben: Gesamtrechtsnachfolger und gesetzliche Erbfolge

Gesamtrechtsnachfolge und Erbenhaftung

Ein Erbe tritt mit dem Tod des Erblassers automatisch in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein. Dies bedeutet:

  • Eigentum an Nachlassgegenständen geht automatisch auf den Erben über.
  • Bestehende Schulden des Erblassers werden vom Erben übernommen.
  • Der Erbe muss einen Erbschein beantragen, um seine Erbenstellung nachzuweisen.

Gesetzliche Erbfolge vs. Testament

Falls kein Testament existiert, greift die gesetzliche Erbfolge:

1️⃣ Ehegatten und Kinder erben zuerst.

2️⃣ Falls keine Kinder vorhanden sind, erben Eltern und Geschwister.

3️⃣ Danach folgen weiter entfernte Verwandte, z. B. Großeltern oder Onkel/Tanten.

Wer seine Erben individuell bestimmen möchte, sollte unbedingt eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) erstellen.

Vermachen: Schuldrechtlicher Anspruch auf bestimmte Gegenstände

Was bedeutet ein Vermächtnis?

Ein Vermächtnisnehmer wird nicht automatisch Eigentümer eines Nachlassgegenstands, sondern hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Erfüllung des Vermächtnisses durch die Erben.

Welche Gegenstände können vermacht werden?

  • Geldbeträge
  • Immobilien und Grundstücke
  • Wertgegenstände wie Schmuck oder Kunstwerke
  • Unternehmensanteile oder Beteiligungen

Erbengemeinschaft vs. Vermächtnisnehmer

  • Ein Erbe ist Teil einer möglichen Erbengemeinschaft, die den Nachlass gemeinschaftlich verwaltet.
  • Ein Vermächtnisnehmer hat lediglich einen Einzelanspruch auf den vermachten Gegenstand.

Wichtiger Hinweis: Falls sich die Erben weigern, das Vermächtnis zu erfüllen, kann der Vermächtnisnehmer seinen Anspruch gerichtlich geltend machen.

Was kann man vermachen?

Gegenstände und Vermögenswerte

Folgende Vermächtnisgegenstände sind möglich:

Geldbeträge (fester Betrag oder prozentualer Anteil am Nachlass)

Immobilien (z. B. Haus oder Wohnung)

Bestimmte Gegenstände (z. B. Schmuck oder Oldtimer)

Nießbrauchrechte (z. B. lebenslanges Wohnrecht)

Personalisierte Vermächtnisse

Man kann ein Vermächtnis bestimmten Personen oder Organisationen zuweisen:

  • Familienmitglieder (z. B. Enkel, Geschwister)
  • Freunde oder Pflegekräfte
  • Gemeinnützige Organisationen (steuerlich begünstigt)

Warum Vermächtnis statt Erbe?

Vorteile eines Vermächtnisses

Keine Haftung für Schulden des Erblassers

Zielgerichtete Vermögensverteilung ohne Erbengemeinschaft

Steuerliche Vorteile durch Freibeträge

Steuerliche Aspekte: Erbschaftssteuer und Freibeträge

Auch Vermächtnisse unterliegen der Erbschaftssteuer, doch je nach Steuerklasse gibt es Freibeträge:

  • Ehepartner: 500.000 €
  • Kinder: 400.000 €
  • Enkelkinder: 200.000 €

Vermächtnisse an gemeinnützige Organisationen sind steuerfrei.

Was ist ein Vermächtnis?

Begriffserklärung und Bedeutung im Erbfall

Ein Vermächtnis ist eine letztwillige Verfügung, durch die bestimmte Nachlassgegenstände oder Geldbeträge einer Person zugewiesen werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Ein Vermächtnis muss in einem gültigen Testament festgehalten werden.
  • Der Testamentsvollstrecker überwacht ggf. die Erfüllung des Vermächtnisses, wenn der Erblasser das angeordnet hat.

Welche Rolle spielt das Nachlassgericht?

Falls sich Erben und Vermächtnisnehmer nicht einig sind, muss der Streit ggf. vor einem Zivilgericht geklärt werden. Das Nachlassgericht kann hierfür nicht eingeschaltet werden.

Wie kann ich Geld oder Gegenstände vermachen?

Erstellung eines Testaments

  • Eigenhändiges Testament: Handschriftlich, mit Datum und Unterschrift.
  • Notarielles Testament: Rechtssicher, amtlich verwahrt.
  • Erbvertrag: Verbindlich zwischen Erblasser und Erben.

Praktische Schritte zur Umsetzung

1️⃣ Bestimmung des Vermächtnisgegenstands

2️⃣ Festlegung der begünstigten Person oder Organisation

3️⃣ Prüfung der steuerlichen Auswirkungen

4️⃣ Festlegung eines Testamentsvollstreckers

Formelle Anforderungen beim Nachlassgericht

  • Das Testament muss gültig, d.h. rechts- und formwirksam errichtet sein.
  • Der Vermächtnisnehmer muss seinen Anspruch innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen.

Fazit: Vermächtnis als flexibles Instrument der Nachlassgestaltung

Ein Vermächtnis ermöglicht gezielte Vermögensverteilung, ohne dass der Empfänger Erbe wird.

Pflichtteilsberechtigte können nicht durch ein Vermächtnis umgangen werden.

Durch kluge Testamentsgestaltung lassen sich Steuerlasten reduzieren.

Ein gut formuliertes Testament verhindert Erbstreitigkeiten.

Haben Sie Fragen zur Gestaltung Ihres Testaments? Kontaktieren Sie uns für eine professionelle Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht!